Tipps für Fachkräfte

Als Fachkraft im täglichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen haben Sie die Möglichkeit, die Bedürfnisse von Kindern mit behinderten oder chronisch kranken Geschwistern zu erkennen und diese Kinder zielgerichtet zu unterstützen. Geschwisterkinder sind häufig unterschiedlichen Herausforderungen ausgesetzt. Sie können übermäßig in Pflege oder Betreuung ihrer Geschwister einbezogen werden und leiden häufig unter schulischen Problemen, das allgemeine Wohlbefinden kann hierdurch stark herabgesetzt sein.

  1. Identifizieren Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit Geschwister, die Hilfen benötigen. Um Kinder unterstützen zu können und sie so vor gesundheitlichen oder schulischen Problemen zu schützen, ist es wichtig, frühzeitig auf mögliche Risiken aufmerksam zu werden und gezielte Unterstützung anzubieten.
  2. Kümmern Sie sich auch um die Bedürfnisse der gesunden Geschwisterkinder. Die gesunden Geschwister werden im Alltag und im Hilfekontext leicht übersehen. Daher ist es für Fachkräfte wichtig, nicht davon auszugehen, dass ihre Bedürfnisse bereits an anderer Stelle durch andere Instanzen wahrgenommen werden. Wenn Sie bereits mit der Familie arbeiten, ist es wichtig auf Veränderungen im Verhalten der Geschwisterkinder auch bei zukünftigen Besuchen zu achten.
  3. Schützen Sie die Geschwister vor körperlichen Übergriffen durch die beeinträchtigten Kinder. Viele Kinder werden durch das aggressive Verhalten ihrer erkrankten Geschwister verletzt. Unternehmen Sie eine Risikobewertung um die Geschwister zu schützen. Thematisieren Sie aggressives Verhalten innerhalb der Familie und holen Sie sich, wenn nötig, Unterstützung durch weitere Fachkräfte.
  4. Erkennen Sie die Rolle an, die Geschwister in ihrer Familie einnehmen. So wichtig es ist die belastenden Aspekte zu benennen, die eine Unterstützung der Geschwisterkinder nötig machen, so wichtig ist es auch, die Fähigkeiten und Eigenschaften anzuerkennen und wertzuschätzen, die die Kinder im Umgang mit ihren beeinträchtigten Geschwistern erworben und erlernt haben. Vielleicht sind die gesunden Geschwister besonders gut darin, ihrem Bruder/ ihrer Schwester etwas beizubringen oder sie sind großartige Unterstützer ihrer Geschwister und treten für deren Bedürfnisse ein.
  5. Versorgen Sie die gesunden Geschwister mit altersentsprechenden Informationen. Dies schließt Informationen über den Zustand oder die Behandlungen und Therapien des Geschwisterkindes mit ein. Wenn es Ihnen nicht möglich ist, sich mit den Kindern zu treffen, bitten sie doch die Eltern um Unterstützung. Diese können die Kinder darin bestärken, eine Liste eigener Fragen zu formulieren und diese mit zum nächsten Treffen zu bringen. Dort können Sie dann gemeinsam mit den Kindern die aufkommenden Fragen beantworten und über Sorgen und Wünsche der Kinder sprechen.
  6. Unterstützen Sie die Eltern dabei ihre Kinder zu unterstützen. Informieren Sie die Eltern über lokale Angebote und Austauschplattformen (z.B.Gesprächsgruppen). Erarbeiten Sie gemeinsam mit den Eltern geeignete Strategien um die Kinder zu unterstützen. Sie können auch selbstständig Workshops für die Eltern zu diesen Themen durchführen.
  7. Bieten sie kurze Auszeiten sowohl für die kranken wie auch die gesunden Geschwister an. Kurze Auszeiten für die kranken Kinder ermöglichen es den Eltern die gewonnene Zeit intensiv mit den gesunden Geschwistern zu nutzen. Auch die Kinder können die Zeiten ohne Bruder oder Schwester genießen. Doch auch die gesunden Geschwister brauchen eigene Auszeiten. Um passende Angebote zu finden ist es wichtig, gemeinsam mit den Kindern anhand ihrer Vorlieben und Interessen zu planen.
  8. Bieten Sie eine eigene Geschwisterkinder Gruppe an. Die Unterstützung durch Gleichaltrige hilft den Geschwistern besser mit ihren täglichen Anforderungen umzugehen. Mit unserem „Geschwister stärken“ - Handbuch ist es Ihnen möglich, eine Gruppe aufzubauen, in der die Geschwister ihre Erfahrungen teilen und sich untereinander austauschen können.

Tipps für Lehrpersonal (Sozialarbeiter)

  1. Fragen Sie bei den Geschwistern regelmäßig und unter vier Augen nach, wie es ihnen geht. Ihr Interesse wird die Geschwister darin ermutigen, zu Ihnen zu kommen, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Fragen Sie gezielt bei den Kindern nach, welche Dingen sie zuhause tun, um ihren Bruder oder ihre Schwester zu unterstützen. Fragen Sie, ob ihnen ausreichend Zeit für die Erledigung der Hausaufgaben bleibt, wie sie mit diesen zurechtkommen und ob es überhaupt möglich ist, die Aufgaben zuhause zu erledigen.
  2. Sprechen Sie mit den Eltern über die Geschwisterkinder. Bitten Sie die Eltern, Sie auf dem Laufenden zu halten, wenn sich zuhause etwas ändert oder schwierige oder außergewöhnliche Dinge passieren. Wenn das Verhalten, die Stimmung oder die Arbeit in der Schule der Geschwister sich plötzlich verändern, finden Sie heraus, ob es damit zusammenhängt, was zuhause mit dem Bruder/ der Schwester geschieht.
  3. Gewähren Sie den Geschwistern etwas mehr Zeit und Aufmerksamkeit. Für die Kinder kann es sehr schwer sein zu sehen, dass die meiste Aufmerksamkeit durch Eltern oder Fachkräfte immer dem Bruder/ der Schwester zukommt. Wenn Sie die Möglichkeit haben, nehmen Sie sich Zeit für die Kinder und reden Sie mit ihnen über ihren Alltag, ihre Sorgen und Wünsche und beantworten sie aufkommende Fragen.
  4. Helfen Sie den Geschwistern eigene Stärken und Talente zu entdecken. So können die Kinder ihre Gefühle ausdrücken und ihr Selbstwertgefühl steigern. Kunst, Sport, Musik oder Schauspiel eignen sich dafür besonders gut. Viele Geschwister haben nicht die Möglichkeit außerhalb der Schule eigenen Interessen nachzugehen, da Zeit, Geld und Aufmerksamkeit der Familie häufig bei der Versorgung des kranken Geschwisterkindes liegen.
  5. Erinnern Sie auch andere daran die Geschwisterkinder immer bei deren eigenen Namen anzusprechen. Oft werden sie von den Fachkräften nur als Bruder von… oder Schwester von… angesprochen, deshalb muss den Kindern immer wieder verdeutlicht werden, dass sie auch selber wichtig sind.
  6. Stellen Sie sicher, dass die Geschwister nicht aus der Klasse genommen werden, weil sie ihren Bruder oder ihre Schwester unterstützen müssen. Sie sind nicht dafür verantwortlich ihre Geschwister in der Schule zu unterstützen oder sich um sie zu kümmern. Die Kinder sollten nicht dafür „genutzt“ werden ihren kranken Geschwistern zu assistieren. Sie sollten immer gefragt werden, in wieweit sie sich einbringen möchten.
  7. Seien Sie absolut unnachsichtig bei herabwürdigender Sprache über Behinderungen. Die Geschwister und auch die kranken Kinder werden oft geärgert und schikaniert, weil sie oder ihre Familien anders sind. Deshalb ist auch durch die Fachkräfte darauf zu achten, dass niemand beleidigt oder herabgesetzt wird.
  8. Seien sie sehr sensibel gegenüber den Gefühlen der Geschwisterkinder, wenn es um Themen wie Tod, Genetik oder Behinderung geht. Viele Geschwister machen sich Sorgen über Auswirkungen auf den eigenen späteren Kinderwunsch oder über die Lebenserwartung ihres Bruders/ ihrer Schwester.
  9. Sagen Sie den Geschwisterkindern, wo sie mehr Hilfe in schulischen Angelegenheiten bekommen können. Zeigen Sie ihnen Ansprechpartner auf oder organisieren Sie eine Beratungsmöglichkeit für die Kinder.